Forschungsinstitut Technologie und Behinderung Projekt CCA

Navigation

Servicenavigation

Inhalt

Projekt CCA

Pilotprojekt im Rahmen des Qualifizierungsangebotes der Call Center Akademie NRW

Der Modellversuch zur Qualifizierung von körperbehinderten Menschen zu Call Center Agents (IHK) ist eingebunden in das Qualifizierungsangebot der Call Center Akademie NRW, die 1997 im Auftrag des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen vom Europäischen Zentrum für Medienkompetenz (ecmc) ins Leben gerufen wurde.

Vor dem Hintergrund des enormen Personalbedarfs an qualifizierten Fachkräften in der zukunftsweisenden Call Center Branche auf der einen Seite und Arbeitsmarktpotentialen, die trotz zum Teil großer fachlicher Qualifikation marginalisiert sind bzw. nur geringfügige Vermittlungschancen besitzen, wie zum Beispiel Menschen mit Körperbehinderungen, wurde das Pilotprojekt initiiert.

Im Dezember des vergangenen Jahres haben wir, die Bildungseinrichtung akamedia (Akademie für interaktive Medien und Kommunikation GmbH) und das Forschungsinstitut Technologie und Behinderung (FTB) der Evangelischen Stiftung Volmarstein, das auf 12 Monate angelegte Modellprojektes gestartet. Die operative Umsetzung, die Durchführung der Basisqualifikation, erfolgte am Standort des CCA NRW Netzwerkes Dortmund.

Im Projekt soll erkundet werden, ob sich der neue Arbeitsmarkt der Call Center für die Beschä ftigung von körperbehinderten Menschen eignet und als interessante Berufsperspektive gewertet werden kann.

Zum Rahmen des Modellversuchs

Ausgangslage des Modellversuchs

Die Marktentwicklung und damit einhergehend die Beschäftigungsentwicklung in der Call Center Branche zeichnet sich durch eine hohe Wachstumsdynamik aus. Eine Ursache liegt in der Veränderung der Märkte: Produkte und Kunden kommen sich immer näher, die Qualität von Dienstleistungen, Kundennähe und Servicestärke werden zu entscheidenden Wettbewerbsfaktoren. Neue, innovative Technologien verlangen bzw. ermöglichen neue Lösungsansätze im Wettbewerb. Call Center sind dabei immer häufiger ein wichtiger Faktor oder sogar die Basis zur Produktunterstützung, im Verkauf und bei der Kundenbindung.

Mit der Zunahme und der strategischen Bedeutung der Call Center bildet die berufliche Qualifikation der Call Center Beschäftigten bzw. der Neueinsteiger eine wichtige Grundlage für eine dauerhafte Beschäftigungsperspektive, soweit die besonderen Personalanforderungen in dieser sehr heterogenen und diversifizierten Branche erfüllt werden.

Call Center Arbeitsplätze sind EDV-unterstützte Telefonarbeitsplätze. Die Grundqualifikationen umfassen umfangreiche DV-Kenntnisse, ein hohes Maß an Kommunikationsfähigkeit, Service - und Dienstleistungsbereitschaft, Flexibilität, Einsatzfreude und nach Möglichkeit Fremdsprachenkenntnisse.

Im Vordergrund der Tätigkeit stehen die Kommunikation mit dem Kunden per Telefon, Eingaben bzw. Abfragen in Datenbanken und Bedienung der Kommunikations-Software am PC. Dabei handelt es sich um eine sitzende Tätigkeit, bei der körperliche Anforderungen im Hintergrund stehen.

Der Arbeitsplatz "Call Center " ist bisher bei der Beschäftigung körperbehinderter Menschen unterrepräsentiert, obwohl gerade eine derartige Beschäftigung optimale Bedingungen für Menschen mit körperlichen Einschränkungen bzw. eingeschränkter Mobilität bieten kann. Leider sind schwerbehinderte Menschen im Vergleich zu anderen Bewerbern benachteiligt, weil ihre Fähigkeiten oft unterschätzt werden, und sie häufig trotz hervorragender beruflicher Qualifikation keinen adäquaten Arbeitsplatz finden.

Zielsetzung

Der Modellversuch "Qualifizierung von körperbehinderten Menschen zu Call Center Agents (IHK)" verfolgte im Wesentlichen folgende Zielsetzungen:

  • Verbesserung der beruflichen Integration körperbehinderter Menschen sowie der Vermittlungschancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
  • Erschließung einer neuen Zielgruppe von qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für den Call Center Arbeitsmarkt
  • Erschließung einer neuen Zielgruppe für die Qualifizierungsmaßnahmen im Rahmen der CCA NRW
  • Überprüfung des Curriculums "Call Center Agent (IHK)" auf Eignung für die Zielgruppe der körperbehinderten Menschen

Beschreibung des Modellversuchs

Rahmen- und Arbeitsplanung

Die Durchführung des Projektes erfolgte in enger Kooperation zwischen den beiden Projektpartnern FTB und akamedia . Als Bildungseinrichtung war akamedia für die Durchführung der Qualifizierungsmaßnahme einschließlich der sozialpädagogischen Betreuung und Nachsorge, das FTB für die konzeptionellen Aufgaben, die zielgruppenspezifische Implementierung inklusive Arbeitsplatzanpassungen, wissenschaftliche Begleitung und Evaluation schwerpunktmäßig verantwortlich. In Bezug auf die Teilnehmerakquise unterstützte das Berufsbildungswerk (BBW) gemeinsam mit dem Werner-Richard-Berufskolleg der Evangelischen Stiftung Volmarstein (ESV) den Projektverbund.

Die Arbeitsplanung umfasste eine inhaltliche Strukturierung in folgende Hauptarbeitspakete:

  1. Konzeptentwicklung (Dez 98 - Jun 99)
  2. Implementierung (Apr 99 - Aug 99)
  3. Qualifizierung (Jun 99 - Feb 00)
  4. Überleitung (Aug 99 - Feb 00)

Bedingt dadurch, dass fest angemeldete Kandidaten für den ersten Kurs, dessen Beginn für den 05.07.99 terminiert war, zum Teil recht kurzfristig ihre Teilnahme absagten, war es notwendig geworden, den Kursbeginn auf den 02.08.99 zu verschieben, um zusätzliche Teilnehmer gewinnen zu können. Als Gründe für die Nichtteilnahme wurden gesundheitliche Probleme, Verlängerung der Ausbildung aufgrund nichtbestandener Abschlussprüfung sowie die Teilnahme an einer anderen Qualifizierungsmaßnahme angeführt.

Konzeptionelle Vorüberlegungen

In der ersten Projektphase wurden im Rahmen der konzeptionellen Vorüberlegungen folgende Aspekte thematisiert:

  • Anpassung des aktuellen Curriculums an die besonderen Bedürfnisse der Zielgruppe
  • Zusatzmodul, abgestimmt auf die speziellen Interessen der Zielgruppe
  • Anforderungsprofil für potentielle Teilnehmer unter besonderer Berücksichtigung zielgruppenspezifischer Aspekte
  • Organisatorische Rahmenbedingungen
  • Infrastrukturelle Grundvoraussetzungen der Ausbildungsstätte einschließlich technischer Ausstattung der Schulungsplätze

Implementierung des Modellversuchs

Die Auswahl geeigneter Teilnehmer sowie die Begutachtung im Hinblick auf notwendige Arbeitsplatzanpassungen stellten die zentralen Aufgaben im Zuge der Implementierungsbestrebungen dar.

Um das Pilotprojekt im Rahmen der Teilnehmerakquise einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen, wurden u.a. folgende Aktivitäten durchgeführt:

  • Erstellung eines Projektinfos
  • Übermittlung der Projektinformationen an
    • Organisationen von und für körperbehinderte Menschen
    • körperbehinderte Menschen
    • öffentliche Behörden und Einrichtungen
    • Presseveröffentlichungen
    • Organisation und Durchführung einer Informationsveranstaltung für das Lehrpersonal des Berufskollegs sowie der Fachbereichsleiter des Berufsbildungswerks (BBW) der ESV (04.03.99)
    • Informationsveranstaltung für Auszubildende des BBW, die im Sommer 1999 ihre Ausbildung abgeschlossen haben (11.05.99)

In einer ersten Sichtung wurden unter Vorgabe einer zuvor aufgestellten Orientierungshilfe in Form eines Anforderungsprofils für Qualifikationsteilnehmer insgesamt 40 potentielle Kursteilnehmer ermittelt. Ein großer Teil dieser Kandidaten besitzt eine kaufmännische Ausbildung und setzte sich aus Abgängern der letzten beiden Jahrgangsstufen des BBW zusammen. Die Interessenten wurden im Vorfeld detailliert über die Qualifizierungsmaßnahme informiert. Darüber hinaus wurden alle potentiellen Teilnehmer zu einer Informationsveranstaltung am 08.06.99 nach Dortmund eingeladen. Im weiteren Verlauf standen die Projektpartner den Kandidaten als ständige Ansprechpartner bei organisatorischen und inhaltlichen Fragestellungen zur Verfügung.

Nachdem der Teilnehmerkreis für die Qualifizierung fest stand, führte das FTB in zeitlicher Absprache mit der akamedia und den potentiellen Teilnehmern Begutachtungen im Hinblick auf notwendige Arbeitsplatzanpassung durch. Auf Basis der Ergebnisse wurden entsprechende Lösungsmöglichkeiten für den PC-Arbeitsplatz aufgezeigt. Für die 17 Teilnehmer, die spezielles Equipment benötigten, wurden individuelle Gutachten erstellt. Basierend auf diesen Einzelgutachten wurde das entsprechende Sonderzubehör beschafft und entsprechend installiert.

Durchführung der Qualifizierung

Nach abgeschlossener Teilnehmerauswahl sowie Erfüllung der infrastrukturellen Grundvoraussetzungen der Ausbildungsstätte wurden 21 körperbehinderte Teilnehmer in 2 Qualifizierungskursen (2.8.99-14.10.99/ 30.8.99-12.11.99) über jeweils 2,5 Mo-nate mit täglich 6 Unterrichtsstunden zum "Call Center Agent (IHK)" ausgebildet.

Der Kurs basiert auf der IHK-zertifizierten Basisqualifikation für die Ausbildung von Call Center Agents und setzt sich aus fünf Modulen plus einem speziell auf die Zielgruppe zugeschnittenem Zusatzmodul zusammen.

Nach bestandenen lehrgangsinternen Tests wurde das Zertifikat "Call Center Agent (IHK)" verliehen.

Integrative Fragestellungen und wissenschaftliche Begleitung

Zum Zweck der Sensibilisierung von potentiellen Arbeitgebern in Bezug auf die Beschäftigung von körperbehinderten Menschen fand am 23.9.99 in Dortmund eine Informationsveranstaltung für Call Center Betreiber statt, zu der jeweils ein Vertreter des Arbeitsamtes Dortmund und der Hauptfürsorgestelle Münster als Referenten geladen waren. Ziel der Veranstaltung war, dem Informationsbedarf von Seiten der Arbeitgeber in Bezug auf eine berufliche Integration von körperbehinderten Menschen sowie der damit verbundenen Fördermöglichkeiten aus Mitteln der Ausgleichsabgabe in ausreichender Form Rechnung zu tragen und gleichzeitig mögliche Einstellungsbarrieren abzubauen.

Um auch die Teilnehmer der Qualifizierungsmaßnahme über bestehende Möglichkeiten in Bezug auf die Arbeits- und Berufsförderung Schwerbehinderter in Kenntnis zu setzen, führte das FTB pro Kurs einen Unterrichtsblock, jeweils eingebettet im Zusatzmodul, zu dem Thema durch. Hierzu wurden eigens vom FTB entwickelte Kursmaterialien sowie Informationsschriften von der Hauptfürsorgestelle und vom Arbeitsamt den Teilnehmern zum Themenumfeld zur Nachbereitung ausgehändigt. Hintergrund war, die Teilnehmer soweit zu sensibilisieren, dass sie im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens Arbeitgeber gezielt auf gesetzlich festgelegte finanzielle Hilfen zur beruflichen Integration Schwerbehinderter ansprechen und bei Bedarf informieren können, um in Betracht kommende Einstellungen zu forcieren.

Darüber hinaus wurden die Teilnehmer im Rahmen der sozialpädagogischen Begleitung und Nachsorge bei der Arbeitsplatzsuche sowie bei anstehenden Bewerbungsverfahren gezielt unterstützt.

Zum Zweck einer umfassenden Evaluation ist der Modellversuch vom FTB wissenschaftlich begleitet worden.

Im Microsoft Office Format Lehrplan zum Downloaden (Worddokument)

Kooperationspartner:

Kontaktadresse:

Forschungsinstitut Technologie und Behinderung
Herr Michael Schmidt
Grundschötteler Str. 40, 58300 Wetter/ Ruhr
Tel. 0 23 35/ 96 81-24, Fax 0 23 35/ 96 81-19
ms@ftb-esv.de